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Blitzer-Skandal an Düsseldorfer Rotlicht-Ampeln - Was können Betroffene nun tun?

Deutschland hat seinen nächsten Blitzer-Skandal: An acht vielbefahrenen Ampelkreuzungen in Düsseldorf wurden in den letzten Jahren tausende Verkehrsteilnehmer des Rotlichtverstoßes bezichtigt, obwohl die Messungen mit Anlagen durchgeführt wurden, die keine korrekte Zulassung aufweisen. Der Fehler wird von Behördenseite eingeräumt, zugleich aber hinsichtlich seiner Auswirkungen kleingeredet. Wie schon im Kölner Blitzer-Skandal geht es um Geldbußen, Fahrverbote und Punkte, die möglicherweise nicht gerechtfertigt sind. "Jeder ist selbst seines Glückes Schmied", heißt es und nachfolgend geben wir Hinweise, wie wir versuchen, Betroffenen zu helfen.

Stand: 08.03.2018

 

Blitzer-Skandal in Düsseldorf: Rotlicht-Überwachungen an Ampeln ohne Zulassung

 

Die letzten Fälle der Kölner Blitzer-Posse sind noch nicht abgeschlossen und manche der auf der Autobahn A3 bei Köln-Ost (Heumarer Dreieck) zu Unrecht der Geschwindigkeitsüberschreitung bezichtigten Verkehrsteilnehmer warten noch immer auf rechtliche Genugtuung. Schon gibt es auf der anderen Rhein-Seite ähnliche Entwicklungen zu verzeichnen, die erneut die Durchführung staatlicher Verkehrsüberwachungen in Zweifel ziehen.

 

Unser Experte für Geschwindigkeitsüberschreitungen, Abstandsunterschreitungen und Rotlichtverstöße, der Fachanwalt für Verkehrsrecht Dr. Sven Hufnagel, erklärt, worum es geht und zeigt unter Berücksichtigung seiner umfangreichen und erfolgreichen Verteidigertätigkeit im Kölner Blitzer-Skandal erste Tendenzen auf, was Betroffene tun können.

 

 

Was ist passiert?

 

Es ist das (vorläufige) Aus für insgesamt acht Rotlicht-Messstellen an zum Teil vielbefahrenen Kreuzungen im Düsseldorfer Stadtgebiet: Das Amtsgericht Düsseldorf teilte am 08.03.2018 mit, dass den Messanlagen nach Auskunft der Herstellerfirma Jenoptik die Zulassung fehle.

 

Derzeit werden nach hiesigen Informationen keine neuen Bußgeldverfahren mehr eingeleitet.

Viel spannender aber sind natürlich die Fragen, was aus den noch laufenden Bußgeldverfahren wegen angeblicher Überschreitungen der Haltelinie trotz roter Ampel wird und welche Rechte betroffene Verkehrsteilnehmer haben, die dort geblitzt wurden und sich nicht oder zumindest nicht erfolgreich zur Wehr gesetzt haben.

 

 

Welche Rechtsfolgen drohen geblitzten Verkehrsteilnehmern nach Rotlicht-Verstößen?

 

Geldbußen in Höhe von regelmäßig 90 € und 1 Punkt in Flensburg für die Dauer von 2,5 Jahren sind schon bei einfach gelagerten Rotlichtverstößen als Mindest-Rechtsfolge anzusehen.

 

Soll die Ampel beim Überschreiten der Haltelinie bereits mehr als eine Sekunde lang rot gewesen sein, so erhöht sich die Geldbuße auf stattliche 200 € und es folgen gar zwei Punkte, die dann mit fünfjähriger Tilgungsdauer auch noch doppelt so lange beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg notiert bleiben. Am Schlimmsten aber dürfte für die meisten Betroffenen sein, dass in solchen Fällen des qualifizierten Rotlichtverstoßes (> 1 Sekunde Rotlicht) auch für den bislang unvorbelasteten Verkehrsteilnehmer ein einmonatiges Fahrverbot ansteht.

 

Die Eintragung von Punkten in Flensburg kann bei Wiederholungstätern in der Spätfolge zu Maßnahmen nach dem Punktesystem (sog. Fahreignungsbewertungssystem) führen. „Wir haben in den Kölner Verfahren Mandanten vertreten, bei denen der unberechtigte Eintrag in der Gesamtsumme zu sieben Punkten geführt hatte. Wäre es nicht gelungen, diese Punkte nachträglich wieder getilgt zu bekommen, hätte eine einzige weitere Verkehrsüberschreitung zum Entzug der Fahrerlaubnis und einer sechsmonatigen Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis geführt“, veranschaulicht Dr. Sven Hufnagel die Brisanz derartiger Blitzer-Pannen. „Bei Führerschein-Neulingen kann selbst ein einfacher Rotlichtverstoß zu einer Verlängerung der Probezeit und zur Anordnung eines etwa 600 € teuren Aufbauseminars führen. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der Rotlichtverstoß gar nicht in zulässiger Weise nachweisbar ist, sind die Betroffenen zu Recht verärgert“, so der Verkehrsexperte weiter.

 

 

Wieviele Fälle sind betroffen?

 

„Noch ist nicht bekannt, wieviele Verkehrsteilnehmer betroffen sind. Geht man bei den Ampel-Blitzern wie üblich von verkehrsgünstigen Lagen aus und berücksichtigt man weiter, dass dort scheinbar überwiegend schon seit vielen Jahren Messungen durchgeführt worden sind, darf aber sicherlich eine beachtliche Zahl angenommen werden“, schätzt Dr. Sven Hufnagel.  

 

 

Was geschieht mit den noch laufenden Bußgeldverfahren und was ist zu tun?

 

Nach der Einschätzung unseres Blitzer-Experten dürften Betroffene eine recht gute Chance haben, dass die noch laufenden Verfahren eingestellt werden. Allerdings müssen insofern die weiteren Entwicklungen abgewartet werden.

 

Betroffene, denen in Düsseldorf Ampelverstöße angelastet werden, und deren Bußgeldverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen wurden, sollten umgehend anwaltliche Unterstützung suchen, um prüfen zu lassen, ob ihr Fall zu den oben beschriebenen zählt. Rechtschutzversicherungen übernehmen die Kosten derartiger Verteidigungen.

 

Insofern ist darauf hinzuweisen, dass gegen einen etwaigen Bußgeldbescheid nur binnen zwei Wochen ab der Zustellung die Möglichkeit des Einspruchs besteht.

 

 

Können sich auch diejenigen noch wehren, deren Bußgeldverfahren schon abgeschlossen sind?

 

„Zwar gilt grundsätzlich, dass rechtskräftige Entscheidungen von Bußgeldgerichten selbst dann wirksam werden, wenn diese inhaltlich falsch sein sollten“, erläutert der auf die Verteidigung in Bußgeldsachen und insbesondere die Abwehr von Fahrverboten spezialisierte Anwalt.

 

Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen: Unter bestimmten Voraussetzungen kann beim örtlich zuständigen Gericht (hier dem Amtsgericht Düsseldorf) die Wiederaufnahme eines bereits rechtskräftig beendeten Bußgeldverfahrens beantragt werden (§ 85 OWiG). Zulässig ist dies beispielsweise, wenn nachträglich „[…] neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind […]“.

 

Die Aussage hinter diesem Juristen-Latein in § 359 Nr.5 StPO bedeutet nach der „Übersetzung“ unseres Fachmanns Dr. Hufnagel letztlich Folgendes: „Wenn sich erst nach Abschluss des Verfahrens anhand neuer Erkenntnisse und Beweismittel ergibt, dass die behördliche oder gerichtliche Entscheidung falsch war und an sich eine Ahndung überhaupt nicht oder allenfalls in milderem Umfang hätte stattfinden dürfen, dann kann die Voraussetzung dafür gegeben sein, das Verfahren wieder in Gang zu setzen. Im Falle einer positiven Entscheidung des Gerichts über einen solchen Wiederaufnahmeantrag ist dann das ursprüngliche Verfahren vor dem Amtsgericht zu wiederholen.“

 

Nach seiner vorläufigen Einschätzung besteht eine recht gute Chance, dass das Verfahren dann mit einer Einstellung oder gar einem Freispruch für die Betroffenen endet. „Allerdings“, so erklärt Dr. Sven Hufnagel weiter, „ist die Durchführung derartiger Wiederaufnahmeverfahren rechtlich sehr komplex und in Bußgeldsachen ausgesprochen selten. Betroffene sollten sich daher vergewissern, dass der von ihnen gewählte Anwalt sich mit dieser höchst speziellen Materie auskennt und auf Erfahrungen zurückgreifen kann.“

 

Diejenigen, deren Bußgeldverfahren bereits zum Ende gekommen ist und die möglicherweise sogar schon die Zahlung der Geldbuße und der Verwaltungskosten veranlasst haben, sollten daher ebenfalls schnellstmöglich ihren Fall bei einem kompetenten Anwalt überprüfen lassen. Auch diese Tätigkeit wird in der Regel von den Rechtschutzversicherungen bezahlt.

 

Wer gar ein Fahrverbot kassiert hat, sollte erst recht unverzüglich handeln. „Hier gibt es häufig die Möglichkeit, einen Aufschub der Vollstreckung des Fahrverbots zu bewirken, bis eine abschließende Klärung eingetreten ist. In den Fällen des Kölner Blitzer-Skandals wurde der Vollstreckungsaufschub in jedem der von uns geführten Fahrverbots-Fälle erreicht und nach intensivem Kampf wurden in sämtlichen Verfahren die Fahrverbote am Ende gänzlich aufgehoben“, erläutert Dr. Sven Hufnagel.

 

 

Was sind die Ziele des anwaltlichen Verteidigers in derartigen Fällen?

 

„Vorrangig geht es immer um die Abwehr etwaiger drohender Fahrverbote, die die Mobilität einschränken und für viele zu beruflichen oder auch privaten Problemen führen“, schildert der Verkehrsexperte weiter. „Aus den dargestellten Gründen ähnlich wichtig ist aber auch die Vermeidung von Punkteeintragungen oder die nachträgliche Korrektur des Punkteregisters durch Löschung falscher Eintragungen. In unseren Kölner Fällen haben wir die Punktelöschung ausnahmslos durchsetzen können. Wenn es dann auch noch gelingt, den Geldbeutel der Betroffenen zu verschonen, ist das Optimum erreicht.“

 

Der Beitrag wird zu gegebener Zeit fortgesetzt, wenn es Neues zu berichten gibt.

 

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